Think big – durchgängiges Prozessmanagement bei Versicherungen


Prozessmanagement ist in der Versicherungswirtschaft ein alter Hut – im Zuge der Kostenoptimierung wurde bereits in den 1980er Jahren begonnen, die Ablaufprozesse ganzheitlich vom und zum Kunden zu betrachten sowie interne Synergiepotentiale zu ermitteln und zu heben. In dieser Zeit sind bei Versicherungen die typischen Querschnittsabteilungen der „Betriebsorganisation“ entstanden.

Mit dem Aufkommen des Paradigmas der „service-orientierten Architektur“ (SOA) Ende der 1990er Jahre und der Positionierung der SoA-Plattformen von IBM, Oracle, Software AG, PegaSystems und Co., ersten Angeboten von Standard-Software für Versicherungskernsysteme in der Bestandsführung als Alternativen zum Host sowie der begleitenden IBM-Kampagne „Versicherungsbetrieb der Zukunft“ Anfang der 2000er Jahre wurde das Thema Prozessmanagement und Prozesseffizienz deutlich präsenter. Insbesondere stand der „Workflow“ von Dokumenten aus dem Blickwinkel der Archivsysteme mit Verarbeitung und Annotation durch Bearbeiter im Fokus.

Der weiter steigende Kostendruck infolge wachsender Anforderungen aus der Regulierung, durch den demographischen Wandel der Kunden und Mitarbeiter sowie durch Aufkommen der InsurTechs legte den Schwerpunkt der Versicherungsunternehmen endgültig auf die durchgängige Gestaltung und Optimierung der Vertriebs-, Bestands- sowie Schaden- und Leistungsprozesse.

Prozesse, Geschäftsregeln, KPIs und Serviceintegration

Das aktuelle Bild der Anwendungslandschaften von Versicherungsunternehmen ist heterogen: Vielfach liegen die Kernsysteme zur Partnerverwaltung, zur Bestandsführung und für das Schaden- und Leistungsmanagement noch auf dem Host. Diese wurden in unterschiedlichen Aspekten bereits für die Echtzeit-Interaktion befähigt und unter Verwendung von Integrations- oder Prozessplattformen (z. B. IBM, Camunda oder Mulesoft ESB) für Apps, Portale, BiPRO und CRM-Systeme integriert.
Durchgängiges Prozessmanagement mit Betrachtung von Anfang bis Ende (oder: vom Kunden zum Kunden) befindet sich bei vielen Versicherungsunternehmen derzeit gerade in Erwägung, in einem konzeptionellen Vorbereitungs- oder Umsetzungsstadium bzw. wurde bei einigen Versicherungsunternehmen bereits umgesetzt und eingeführt. Ein kontinuierlicher Mess- und Verbesserungsprozess in Hinblick auf die Auswahl relevanter (Teil-)Prozesse zur Automatisierung, die Erhöhung der Automatisierungsquote und insbesondere die Optimierung der manuellen Bearbeitungsschritte bei Aussteuerung in die Hellverarbeitung findet heute konsequent nur bei wenigen Versicherungsunternehmen statt.
Welche Funktionen werden eigentlich für ein durchgängiges Prozessmanagement benötigt?

  1. Es wird eine Prozessplattform benötigt, die das Erstellen und Anpassen von Prozessen, deren Ausführung und Skalierung auf die Mengenanforderungen sowie die Verwaltung der Prozessmodelle im Lebenszyklus revisionssicher ermöglicht. Hierbei hat sich der Standard der „Business Process Management Notation“ (BPMN) durchgesetzt.
    Innerhalb von Versicherungsunternehmen ist hierbei zu beachten, dass Standardsysteme für unterschiedliche Domänen, z. B. CRM-Systeme oder Archivsysteme, bereits solche Prozesslösungen nach BPMN mitbringen und letztendlich im Unternehmen aus Architekturperspektive über eine Verwendung dieser Funktionen im Sinne von ganzheitlicher Nutzung oder Koexsistenz mit einer zentralen Prozessplattform entschieden werden muss. Erfolgt dies nicht und es werden mehrere unterschiedliche Prozesslösungen verwendet, erschwert dies die ganzheitliche Steuerung sowie die Auswertungen.
  2. Für die Prozesse sind (Geschäfts-)Regelwerke notwendig, die die erforderlichen Rahmenbedingungen vorgeben. Hierbei ist als Standard die „Decision Modelling Notation“ (DMN) zu empfehlen.
    Diese Regelwerke prüfen die Eingabeparameter des Prozesses z. B. für Annahmerichtlinien und Compliance-Aspekte, reichern die Prozessausführung um weitere Informationen an und steuern entsprechend die Prozessausführung. Wichtigster Aspekt der Geschäftsregelwerke ist die Entscheidung, ob der Prozess vollständig automatisiert („dunkel“) durchgeführt werden kann oder zum Sachbearbeiter ausgesteuert werden muss.
  3. Für die Einbindung von Sachbearbeitern – aufgrund fehlender Informationen für die Prozessausführung, bei Aussteuerung aufgrund von Geschäftsregeln oder für die Bearbeitung von komplexen Sachverhalten, deren vollständige Automatisierung unwirtschaftlich wäre – sind die Funktionen eines Postkorbes und der Arbeitsgutsteuerung sowie eines Vorgangsassistenten ergänzt um eine Kontextsicht für die Bearbeitung erforderlich. Die Arbeitsgutsteuerung kann hierbei ein komplexes Regelwerk auf der Basis von Organisation, Anwesenheiten von Bearbeitern sowie deren Kompetenz und Erfahrung darstellen. Ist eine Bearbeitung nur in den jeweiligen Kernanwendungen, wie z. B. der Vertragsverwaltung, erlaubt, dann sollte ein direkter Absprung in das jeweilige Fachsystem möglich sein.
  4. Für die automatisierte Prozessausführung sind die Funktionen der Kernsysteme aus den Domänen Partner, Policierung und Vertragsverwaltung, Schaden- und Leistungsmanagement, In-/Exkasso, Provision und Outputmanagement als Services bereitzustellen und an die Prozessplattform anzubinden.
    Damit können Datenanreicherungen der Anliegenverarbeitung aus dem Partner- und Vertragskontext erfolgen und transaktionale Services zur Verarbeitung und Erledigung des Kundenanliegens bis hin zur Steuerung der Rückinformation an den Kunden im Outputmanagement sowie Ablage der Informationen im Archiv entsprechend erfolgen.
  5. Zur stetigen Prozessverbesserung und Erhöhung der Automatisierungsquote müssen Kennzahlen (KPI) für die Prozesse und deren Durchlaufinstanzen erhoben und bereitgestellt werden. Diese Datenextraktion und -analyse ist in Bezug auf Prozessabbrüche, Verletzung der gesetzten Service-Level sowie hinsichtlich der Arbeitsgutsteuerung sehr wichtig. Um die Kennzahlen in einen fachlichen Gesamtkontext einzuordnen und eine umfangreiche Auswertung zu ermöglichen, ist die Nutzung eines Onkologie-basierten Ansatzes zu empfehlen.

Mit der Ablösung der Host-basierten Kernsysteme durch Standardsysteme mit Möglichkeit der Echtzeitverarbeitung ergibt sich die Möglichkeit für einen event-basierten Ansatz (z. B. mittels Apache Kafka Plattform). Vorteile dieses Herangehens sind ein integriertes Echtzeit-KPI-Management sowie in Cloud-Betriebsumgebungen ein direktes, natives Ausführungs- und Skalierungsangebot von Kafka.

Mehr zum Thema Prozessmanagement erfahren Sie in unserem Blog-Artikel "Prozessmanagement: Input, Anliegenerkennung und Datenextraktion".

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