Die neue gesellschaft­­liche Rolle der Versicher­­ung


 

Im Zusammenhang mit der Digitalisierung der Versicherungswirtschaft wird häufig ausschließlich über Technologien gesprochen. Automatisierung und Dunkelverarbeitung werden in Zukunft die Effizienz in der Versicherungswirtschaft steigern. Aber welche Auswirkungen hat der digitale Wandel auf die Geschäftsmodelle der Assekuranz und ihre Rolle in der Gesellschaft?

Seit mehr als 40 Jahren untersucht die Geneva Association als Non-Profit-Organisation Veränderungen in der Versicherungswirtschaft, beschäftigt sich mit Trends und gesellschaftlichen Veränderungen und analysiert Auswirkungen von gesellschaftlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen. Dazu gehört aktuell auch der Einfluss der Digitalisierung auf die Versicherungsindustrie.

 

Versicherungen im digitalen Zeitalter

In ihrem aktuellen Report „Insurance in the Digital Age“ geht die Organisation der Frage nach, welche Auswirkungen die Digitalisierung sowohl auf die Geschäftsmodelle der Versicherungsgesellschaften als auch auf die Rolle der Industrie in der Gesellschaft haben wird.

Gerade an der Schnittstelle zum Kunden erwarten die Autoren der Studie durch Insurtechs deutliche Herausforderungen an die etablierten Versicherer. Noch ist die Frage nicht entschieden, ob sich die Partnerschaften mit den Startups für die tradierten Unternehmen auf längere Sicht positiv auswirken. Denn es besteht die nicht von der Hand zu weisende Gefahr, dass damit auch eine Konkurrenz erst stark gemacht wird.

Neue digitale Technologien, wie zum Beispiel das Internet of Things, werden die Geschäftsmodelle der Versicherungen verändern und neue Produkte hervorbringen.

  • Kunden werden Risiken absichern können, kurz bevor sie diese eingehen. Statt jahrelang eine Police zu bedienen, die ein Risiko versichert, das nur ein paar Wochen besteht, wird es Angebote geben, die sich einfach per Smartphone oder einem anderem Endgerät kurzfristig abschließen lassen.
  • Versicherungstarife werden sich am Verhalten des Kunden orientieren. Kunden, die mit ihrem PKW nur ein paar Stunden im Monat unterwegs sind, werden weniger bezahlen müssen, als andere, die das Auto täglich verwenden. Möglich wird dies durch die Vernetzung des Automobils mit dem Internet.
  • Versicherung wird möglicherweise Teil eines anderen Geschäftsmodells. Cuvva aus Großbritannien bietet seinen Kunden die Option, das eigene Fahrzeug auch nur für wenige Stunden an Freunde und Bekannte zu verleihen, – und bietet für diese Zeit dann auch gleich einen passenden Versicherungsschutz.
 

Digitalisierung ist auch eine Frage nach der Ethik

Die Digitalisierung produziert jede Menge Daten. Und damit stellt sich nicht nur die Frage nach der Compliance, etwa in den Vorschriften der DSGVO, sondern es geht auch um ethische Fragestellungen.

Wenn die Versicherten beispielsweise wie bei Gesundheits-Apps Informationen über ihre Gewohnheiten zur Verfügung stellen, kann die Versicherung auch versuchen, das Verhalten des Kunden zu beeinflussen. Die Versicherung wandelt sich damit möglicherweise von einem reinen Dienstleister, der lediglich Schäden reguliert, zu einem Berater und Lifestyle-Coach, der den Kunden Hinweise für eine bessere Lebensführung vermittelt – und damit letztlich die Risiken minimiert.

Die Kehrseite der Datensammlungen kann indes auch sein, dass Versicherer schneller bestimmte Risiken nicht mehr annehmen oder weiter versichern werden. Automatisierte Entscheidungsprozesse werden es dem Kunden dann schwer machen, eine neue Police abzuschließen. Die Ablehnung von Risiken ist in der Versicherungswirtschaft zwar nichts Neues, aber die Studie geht davon aus, dass sich diese Fragestellungen in der Zukunft noch verschärfen werden.

Die Datenflut wird auch Einfluss auf die potenziellen Risiken selbst haben. Denn je mehr Wissen über Nutzungsgewohnheiten entsteht, umso besser werden sich Risiken auch beherrschen lassen. Einige werden im Laufe der Zeit auch völlig verschwinden, beispielsweise durch die Zunahme autonom fahrender Fahrzeuge, die sich gegenseitig erkennen und somit Unfälle vermeiden. Wieder andere Risiken werden durch die Digitalisierung erst entstehen. Bei ihnen werden die Kunden zurecht erwarten, dass moderne Versicherer auch darauf eine Antwort haben. Policen gegen den Identitätsdiebstahl sind hier nur der Anfang. So ist es nicht ausgeschlossen, dass es „digitale Einbrüche“ in das Smart Home geben wird oder Cyber-Attacken, die die Infrastruktur lahmlegen, so wie es heute Wasserrohrbrüche tun.

Versicherungsgesellschaften, aber eben auch Fin- und Insurtechs oder IT-Konzerne, werden Daten aus unterschiedlichsten Quellen zusammenführen. Es ist anzunehmen, dass die aktuelle Rechtsprechung den technischen Möglichkeiten hinterherhinken wird, wie es heute schon teilweise der Fall ist. Das stellt konkrete Fragen an die Ethik, auch innerhalb der Wirtschaft. Wie soll mit einer drohenden „Monopolstellung“ eines Marktteilnehmers umgegangen werden, der offenbar mehr Informationen als alle anderen über die Kunden gesammelt hat?

Gegenüber den Kunden wird gerade die Bedeutung von Vertrauen an Bedeutung zunehmen. Um es zu gewinnen und zu behalten, wird es für Versicherer fundamental wichtig sein, größtmögliche Transparenz darüber zu schaffen, welche Daten überhaupt gesammelt und verarbeitet werden, den verantwortlichen Umgang bei der Bearbeitung der Informationen zu dokumentieren und diese nur für den Zweck einzusetzen, der gegenüber dem Kunden als solcher angegeben wurde. Es sei in diesem Zusammenhang daran erinnert, dass ein enttäuschter Kunde in Zukunft mit einer einzigen Geste auf seinem Smartphone einen anderen Versicherer seiner Wahl finden kann.

 

Was die Versicherungen zukünftig in Sachen Big Data, Internet of Things und anderen digitalen Themen erwartet, lesen Sie außerdem in unserer Studie Die Zukunft der Kompositversicherung.

 

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