Prozess schlägt Produkt - Die Perspektive des Vertriebs


Nachdem wir in der dreiteiligen Artikelserie zur These „Prozess schlägt Produkt“ zunächst die Kunden-, dann die Versicherungsperspektive eingenommen haben, soll zum Abschluss der Reihe die Perspektive des Vertriebs folgen.

Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit dem renommierten Maklerpool BCA AG entstanden, deshalb möchten wir verstärkt einen Blick auf die Bedarfslage von Maklerpools werfen.

Trend zur Plattformökonomie in der Versicherungsbranche

Die Bezeichnung Makler-Pool trägt es bereits im Namen: Das Pooling von Anbindungen des Maklers an mehrere, verschiedene Produktanbieter über eine zentrale Instanz.

Die 1985 gegründete BCA gehörte hierbei zu den Plattformpionieren. Nun war es nicht mehr notwendig, als Vermittler diverse Einzelanbindungen vorzunehmen und zu administrieren, sondern durch eine einzige Anbindung an die Plattform erschloss sich effizient der Zugang zu einem breiten Markt.

Hiermit wurden bereits sehr früh grundsätzliche Entwicklungen vorweggenommen, die auf Seiten der Versicherer später ebenfalls aus Effizienzgründen nachvollzogen wurden.

Hatten früher Anbieter von fondsgebundenen Lebensversicherungen jeweils auch diverse Einzelvereinbarungen mit Fondsgesellschaften, wurde gleichzeitig durch Anbindung von Plattformanbietern das Pooling des Orderprozesses optimiert. Dies erhöht einerseits die Verhandlungsposition des Versicherers und steigert andererseits durch die Vermeidung von Kleinteiligkeit die Skaleneffekte auf Seiten des Versicherers und der Plattform. Das führt zu Effizienzgewinnen beider Seiten und kann in der Tarifkalkulation berücksichtigt werden, sodass letztlich auch der Endkunde davon profitiert.

Grundsätzlich gilt dies natürlich auch für andere Dienstleistungen in der Versicherungsbranche.

Vom Türöffner zur Plattform

Maklerpools können heute nicht mehr allein durch den Zugang zu mehreren Produktanbietern begeistern, denn das ist mittlerweile ein Basismerkmal eines Maklerpools.

Ähnlich wie bei großen Softwarekonzernen oder Smartphone-Herstellern ist auch bei Makler-Pools ein Ökosystem notwendig, dessen Verlassen als Makler zu Unannehmlichkeiten, Medienbrüchen, erhöhten Aufwänden und weniger vertriebsaktiver Zeit führen würde.

Zukünftiges Zielbild eines Makler-Pools: Abdeckung der Prozess- und Wertschöpfungskette

Große Lösungsanbieter für Makler und Vertriebe müssen sich um Schnittstellen zwischen den Systemen entlang der Prozess- und Wertschöpfungskette kümmern. Dazu gehört aus der Position eines Intermediärs sowohl das Inputmanagement über den Zugangskanal Makler/Mehrfachagent   als auch das Inputmanagement über den Zugangs -und Rückkanal zum jeweiligen Versicherer.

Im Neugeschäft sähe ein medienbruchfreier Workflow aus Sicht von BCA innerhalb des Beratungsprozesses idealerweise wie folgt aus:

Absprung aus einem Maklerverwaltungsprogramm mit Kundendaten in einen Vergleichsrechner, anschließende Tarifierung, Protokollierung, Online-Abschluss und Rückspielen der Daten.

In einigen Sparten ist dies schon Alltag. Bei Absicherungen von komplexen Risiken ist oftmals noch manuelles Eingreifen notwendig. Produktgeber, die hier einen anwenderfreundlichen Prozess anbieten, sind klar im Vorteil bei den Vermittlern.

Abgleich der These „Prozess schlägt Produkt“

Es geht für einen Makler-Pool also darum, große Teile der Prozesskette zu kennen, zu besetzen und die Schnittstellen zu den Kernsystemen der Versicherer im Griff zu haben, um Medienbrüche zu vermeiden und markt- und kundengerechte Prozessgeschwindigkeiten zu realisieren.

Dabei ist das Produkt nur ein Teil der Prozesskette, dass zu den Wünschen und Bedürfnissen des Versicherungsnehmers passt und Deckung für die finanziellen Folgen von versicherten Risiken bietet.

Hier bilden also die Prozesse die für den Kunden und Makler erlebbaren Zugangskanäle und somit die Basis für das Kundenerlebnis in den Phasen Antrag, Vertrag, Leistung.

Dadurch haben die Prozesse, ihre Prozesstiefe (im Sinne eines nahtlosen Ineinandergreifens) und die resultierenden Ergebnisse maßgeblichen Einfluss auf den Net Promotor Score (NPS), den Leumund des Versicherers sowie auf die Weiterempfehlungsbereitschaft von Kunden und Vertrieb.

Ausblick/Trends

Einige Bereiche der Prozessketten müssen natürlich an der Oberfläche durchgeführt werden, ein relevanter Teil lässt sich aber bereits heute über einschlägige Workflow-Engines automatisiert als Dunkelverarbeitung abbilden. Dazu sollte man als angebundener Makler nicht zwangsläufig Softwareentwickler sein müssen, sondern einfach über bedarfs- und branchenspezifische grafische Oberflächen die notwendigen Einstellungen vornehmen können.

Insbesondere bei regulativ erforderlichen Prozessen, aber auch bei Prozessen zu Produkten mit geringer Marge oder geringer Wertschöpfung ist zu validieren, inwieweit hierbei durch automatisierte Dunkelverarbeitung Aufwände oder Durchlaufzeiten optimiert werden können.

Solche „broker work places“ werden zukünftig sicherlich zu einem Begeisterungsmerkmal im Sinne der Kano-Analyse und zu einem Differenzierungsmerkmal bei Maklerversicherern und Versicherern mit dem Vertriebskanal Makler werden.

Stellen Sie nur sich einfach einmal vor, dass Makler über die bereits vorhandenen Makler/Extranet-Zugänge nicht nur CSV, Excel oder PDF herunterladen könnten, sondern den Workflow-Status des jeweiligen Geschäftsvorfalles im Neu -und Bestandsgeschäfts einsehen – ähnlich dem Versandstatus eines Paketes.

Weitere Differenzierungsmerkmale sind die Datenqualität und die Frequenz der gelieferten Daten. Wenn bei gleichem Versicherungsschutz und bei gleichen Kosten oder Ablaufleistungen die Erwartungen von Kunden und Makler bezüglich Reaktionszeiten nicht zeitnah und marktkonform erfüllt werden, weil die Prozessgeschwindigkeit aufgrund mangelnder Datenqualität oder die Lieferfrequenz von Daten nicht wettbewerbsfähig ist und die Prozesskette ins Stocken gerät, stimmen Kunde und Makler mit den Füßen ab. Der NPS des Anbieters sinkt.

Durch unterschiedliche Formen der Betriebsmodelle von Software entstehen ggf. auch Medienbrüche oder Latenzen mit Auswirkungen auf die Prozessgeschwindigkeit. Die Nutzung von Containertechnologien kann hier positiv unterstützen. Denn sie ermöglicht sowohl den Betrieb in   einem Rechenzentrum (on premise) oder in einer „private/public cloud“, aber auch in einer gemischten Umgebung. Wenn sich Systeme einer Prozesskette beim gleichen Betreiber befinden, kann sich das begünstigend auf die Prozesslaufzeiten auswirken.

Fazit

Die Versicherungsbranche und deren Maklermarkt unterliegen der Industrialisierung.

Aktuelle Markttreiber sind kosteneffiziente Prozesse bei gleichzeitig positivem Kundenerlebnis. Kunden sind hierbei nicht nur der klassische Endkunde, sondern alle Prozessbeteiligten.

Die Verwaltungskosten eines Produktes und die Verwaltungskostenquote eines Anbieters werden mehr und mehr in das Blickfeld der Marktteilnehmer gelangen.

Allein die Abbildung von Wünschen und Bedürfnissen über Produkte genügt zunehmend nicht mehr, sondern es wird wichtig, zu welchen Rahmenbedingungen und Prozesskosten diese Produkte bei gleichem oder ähnlichen Deckungsumfang Abnehmer finden und welche Kundenerlebnisse dabei erzeugt werden.

Standardisierung und harmonisierte Schnittstellen sind Teil der Voraussetzungen für schnellere und transparentere Prozesse.

Bei Produkten und Prozessen mit geringer Wertschöpfung ist automatisierte Dunkelverarbeitung die Pflicht eines ordentlichen Kaufmanns.

Begeisterung und Transparenz kann durch moderne Kernsysteme in Verbindung mit modernen Workflow-Engines an den digitalen Touchpoints von Kunden und Vertrieb generiert werden.

Container-Technologien werden sich sachlogisch verbreiten und zu einem Marktstandard werden, da sie alle Betriebsmodelle abbilden.

Aus Sicht von Makler und Makler-Pools formuliert:

Die individuelle Beratung muss durch zusätzliche digitale Angebote und vollautomatisierte Prozesse ergänzt werden, um in diesem herausfordernden Marktumfeld weiter bestehen zu können.

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